Januar 2007

070104

ENERGIE-CHRONIK


Moskau verdoppelt Minsk den Gaspreis und setzt sich auch im Streit um Öl-Transitgebühren durch

Der vom Kreml kontrollierte Gasmonopolist Gazprom hat Weißrußland erfolgreich damit gedroht, zum Neujahrstag die Belieferung mit Erdgas einzustellen, falls das Nachbarland nicht zu einer drastischen Erhöhung der Preise bereit ist. Die Einigung erfolgte in der Silvesternacht, nur wenige Minuten vor Ablauf des Ultimatums. Weißrußland wird demnach in diesem Jahr einen mehr als doppelt so hohen Gaspreis zahlen müssen, der von bisher 46,68 Dollar je 1000 Kubikmeter auf 100 Dollar steigt. In den folgenden Jahren steigt der Preis stufenweise weiter, bis er 2011 das Niveau erreicht hat, auf dem Gazprom seine Lieferverträge mit den westeuropäischen Ländern abschließt. Außerdem darf Gazprom für 2,5 Milliarden Dollar die Hälfte der Anteile an der weißrussischen Pipeline-Gesellschaft Beltransgas übernehmen. Als kleiner Ausgleich für die enorme Preiserhöhung erklärte sich Gazprom bereit, die Gebühr für die Durchleitung von 1000 Kubikmeter Erdgas je 100 Kilometer Strecke von 0,75 auf 1,45 Dollar zu erhöhen. (FAZ, 2.1.)

Belieferung Westeuropas mit "Druschba"-Öl drei Tage lang unterbrochen

Als Vergeltungsmaßnahme verkündete Weißrußland gleich zu Beginn des neuen Jahres die Einführung einer Transitgebühr von 45 Dollar pro Tonne für russische Öllieferungen nach Westen. Anscheinend stoppte oder beschränkte der Kreml daraufhin die Belieferung Weißrußlands mit Öl, denn am 8. Januar unterbrach die russische Pipeline-Gesellschaft Transneft die nach Westen führende Pipeline "Druschba" mit der Begründung, daß Weißrußland sich daraus illegal versorgt habe. Damit waren auch Deutschland, das seinen Ölbedarf zum größten Teil aus russischen Quellen und zu zwanzig Prozent aus "Druschba" deckt, sowie andere EU-Staaten von der Belieferung aus dieser Pipeline abgeschnitten. Da die deutschen Ölvorräte für 90 Tage reichen, trat zwar kein akuter Mangel auf; es wurde aber doch sehr eindringlich die Abhängigkeit Westeuropas von russischen Energielieferungen vor Augen geführt, was entsprechende Reaktionen in Politik und Wirtschaft zur Folge hatte. (SZ, 5. , 9. 5.)

Machthaber in Moskau und Minsk einigten sich telefonisch

Am 10. Januar einigten sich Kremlchef Wladimir Putin und der weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko bei einem Telefongespräch grundsätzlich über die Beilegung des Konflikts. Während Regierungsvertreter noch die Einzelheiten aushandelten, nahm Transneft am 11. Januar die "Druschba"-Pipeline wieder in Betrieb. Nach russischen Angaben hat Weißrußland nicht nur auf die Transitgebühren verzichtet, sondern auch 79.000 Tonnen Öl zurückgegeben, die illegal abgezweigt wurden.

Mit der Forderung nach Transitgebühren reagierte Weißrußland zugleich auf die Einführung einer Abgabe von 180 Dollar pro Tonne auf russische Öllieferungen, mit der Rußland verhindern will, daß ein Teil des billig eingekauften Öls verarbeitet und mit Gewinn weiter verkauft wird. Weißrußland dringt auf die Rücknahme dieser Gebühr. Ob und wieweit Moskau und Minsk in dieser Frage eine Einigung erzielt haben, bleibt vorläufig unklar. (SZ, 12.1.)

Das grundsätzliche politische Einvernehmen zwischen den Regimes in Moskau und Minsk wird schon seit längerem durch Preis-Streitigkeiten getrübt. Vor drei Jahren stoppte der Kreml sogar einen Tag lang die Gaslieferungen an Weißrußland, um Lukaschenko zu Preisverhandlungen zu zwingen (040117). Damals zahlte Weißrußland nur 30 Dollar pro Kubikmeter Erdgas, was etwa dem russischen Inlandspreis entsprach. Vor einem Jahr setzte Gazprom auch die Ukraine mit einem Lieferstopp unter Druck, um höhere Gaspreise durchzusetzen (060101).

Neuer Konflikt mit Polen um Transitgebühren für Gas

Inzwischen bahnt sich ein neuer Konflikt mit Polen an, das die Transitgebühren für die Durchleitung von Gas über sein Territorium erhöhen möchte. Anstatt der geforderten zwei Dollar je 1000 Kubikmeter und je 100 Kilometer Strecke will Gazprom nur 1,94 Dollar bezahlen. Angeblich hat der russische Gasmonopolist deshalb dem Betreiber der Yamal-Gasleitung, Europolgaz, 20 Millionen Dollar weniger gezahlt als verlangt worden war. Europolgaz ist ein polnisch-russisches Gemeinschaftsunternehmen, bei dem jedoch Polen das Sagen hat. Strittig ist außerdem der Zinssatz für einen Kredit von 1,4 Milliarden Dollar, den die Gazprombank 1999 dem Gemeinschaftsunternehmen für den Bau der Yamal-Pipeline zur Verfügung gestellt hat. Polen hält die mit Gazprom vereinbarten sechs Prozent für zu hoch. (FAZ, 19.1.)