März 2006 |
060305 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die EU-Kommission will die Energiepolitik der Mitgliedsstaaten noch stärker als bisher koordinieren. Am 8. März 2006 legten der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, und das für Energie zuständige Mitglied der Kommission, Andris Piebalgs, in Brüssel ein entsprechendes "Grünbuch" vor. "Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts im Energiebereich erfordern eine gemeinsame Antwort der EU, erklärte Barroso. "Eine gemeinsame Vorgehensweise, die gemeinsam nach außen vertreten wird, wird es Europa ermöglichen, die Suche nach Energielösungen anzuführen." Als Grundlage für die Entwicklung einer europäischen Energiepolitik schlägt die Kommission vor, daß dem Rat und dem Parlament in regelmäßigen Abständen ein Bericht über die Überprüfung der EU-Energiestrategie vorgelegt wird, in dem alle energiepolitischen Fragen behandelt werden.
Unter dem Titel "Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige
und sichere Energie" nennt das jetzt vorgelegte Grünbuch sechs vorrangige
Bereiche:
Zur Vollendung des Energiebinnenmarktes werden neue Maßnahmen
in Betracht gezogen, zum Beispiel ein europäischer Energienetz-Kodex, ein vorrangiger
europäischer Verbundplan, ein europäischer Energieregulierer und neue Initiativen,
um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, vor allem im Hinblick auf
die Entflechtung der Netze von den im Wettbewerb erbrachten Tätigkeiten. Konkrete
Vorschläge sollen noch vor Jahresende vorgelegt werden.
Zur Erhöhung der Versorgungssicherheit im Energiebinnenmarkt
schlägt die Kommission die Einrichtung einer europäischen Stelle zur Beobachtung
der Energieversorgung vor. Die bestehenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über
die Erdöl- und Erdgasvorräte sollen dahingehend überprüft werden,
ob sie die Bewältigung möglicher Versorgungsunterbrechungen gewährleisten.
Die Kommission möchte Ziele für den Gesamtenergieträgermix
in der EU festlegen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten sowie mehr
Nachhaltigkeit, Effizienz und Vielfalt zu erreichen. Das Recht der Mitgliedsstaaten,
über ihren jeweiligen Energiemix selber zu entscheiden, soll dabei gewahrt bleiben.
Um der globalen Erwärmung zu begegnen, will die Kommission im Lauf dieses Jahres einen Aktionsplan für mehr Energieeffizienz vorlegen. Er soll Wege aufzeigen, wie die EU 20 Prozent der Energie einsparen kann, die sie ansonsten bis 2020 verbrauchen würde.
Ein strategischer Plan für Energietechnologien soll dafür
sorgen, dass die europäischen Industrien bei energieeffizienten und kohlenstoffarmen
Technologien weltweit führend sind.
Schließlich betont das Grünbuch die Notwendigkeit einer gemeinsamen
Energieaußenpolitik, um auf die wachsende Nachfrage, hohe und volatile
Energiepreise, eine steigende Importabhängigkeit und die weltweite Erwärmung
angemessen reagieren zu können. Für die Versorgungssicherheit der EU wichtige
Infrastrukturen (einschließlich Pipelines und LNG-Terminals) sollen ermittelt
und konkrete Maßnahmen vereinbart werden, um ihre Verwirklichung zu gewährleisten.
Bestandteil der geplanten gemeinsamen Energieaußenpolitik sind ferner die "Konzipierung
eines Vertrags zur Gründung einer europaweiten Energiegemeinschaft", eine
"neue Energiepartnerschaft mit Russland", die Vertiefung der Energiebeziehungen
zu wichtigen Energieerzeuger- und Energieverbraucherländern und ein internationales
Abkommen über Energieeffizienz. Ein neuer Gemeinschaftsmechanismus soll es ermöglichen,
schnell und koordiniert auf "Energieversorgungsnotfälle in Drittländern"
zu reagieren, die sich auf die EU-Versorgung auswirken.