Juni 2002

020609

ENERGIE-CHRONIK


"Strom aus Wasserkraft ist rot von Blut"

Der Württembergische Anglerverein will dem Strom aus Wasserkraft, der neuerdings gezielt als "Öko-Strom" vermarktet wird (010818, 990524, 991209), das Image einer sauberen Energie streitig machen: Für den Herbst plant er eine große Aktion, bei der Aale abgefischt werden, die in Wasserkraftanlagen verletzt wurden. Wie der Verbandsvorsitzende Hans-Hermann Schock gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" (26.6.) erklärte, würden jährlich zigtausende von Fischen in den Anlagen zerfetzt. "Der Strom aus Wasserkraft ist rot vom Blut der getöteten Fische." Eine neue Studie habe die Problematik am Beispiel eines Wasserkraftwerks am Main analysiert und ergeben, daß 17 bis 35 Prozent aller Fischer in den Turbinen des Kraftwerks oder am Einlaufrechen sterben. Diese Ergebnisse ließen sich auch auf den Neckar übertragen.

Elmar Reitter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg, wies die Vorwürfe zurück: Er habe an seinem eigenen Kraftwerk noch nie einen toten Fisch gesehen. Probleme bereite allenfalls der Wandertrieb der Aale, aber auch von diesen werde nur ein Teil in den Kraftwerken verletzt.

Bisher entzündete sich Kritik vor allem an den großen Wasserkraftwerken der Stromversorgung (920418), wobei Gesichtspunkte des Landschaftsschutzes im Vordergrund standen. Für Angler und Kanu-Fahrer ist dagegen vor allem die Verbauung kleinerer Wasserläufe ein Ärgernis. Das Umweltbundesamt hat im September 2001 empfohlen, in naturnahen Flüssen keine Wasserkraftanlagen neu zu bauen oder zu reaktivieren, weil diese das Ökosystem verändern und die Fische gefährden würden (010919). Sinnvoll sei dagegen die Ausdehnung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf große Wasserkraftanlagen.