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Seit dem Jahr 2003 leistet der Wind von allen erneuerbaren Energiequellen den größten Beitrag zur deutschen Stromerzeugung und hat sogar die Wasserkraft von ihrem angestammten ersten Platz verdrängt. Ein mengenmäßiger Vergleich der Stromproduktion darf allerdings nicht den Blick dafür verstellen, daß Wind- und Wasserkraft einen unterschiedlichen Wert für die Stromversorgung haben. Im Unterschied zu Wasser- oder auch zu Wärmekraftwerken steht bei Windkonvertern die installierte Leistung nicht ständig zur Verfügung. Letzten Endes hängt es vom Wind ab, wann und wieviel Strom produziert wird. Aus diesem Grund läßt sich allein mit Windkonvertern keine sichere Stromversorgung aufbauen. Sie können nur eine ergänzende Funktion haben. Andernfalls müßte man sie, anstatt sie direkt ins Netz einspeisen zu lassen, erst über aufwendige Techniken der Energieumwandlung und -speicherung in eine kontinuierliche Stromquelle verwandeln.
Windkraftanlagen können somit zwar Brennstoffkosten vermeiden und die mit der Verfeuerung von Kohle, Gas oder Öl verbundene Freisetzung von Treibhausgasen mindern helfen, aber nur in geringem Umfang solche Kraftwerke ersetzen, die ständig verfügbar sind. Nach Angaben des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) mußten die Stromversorger im Jahr 2004 pro Megawatt Windkraftleistung 0,85 Megawatt an normaler Kraftwerkskapazität in Reserve halten. Die im folgenden Jahr veröffentlichte Netzstudie zur Windenergie gelangte ebenfalls zu der Feststellung, daß bis zu 92 Prozent der Nennleistung der Windkraftanlagen nicht als gesicherte Leistung gelten können, sondern durch die Vorhaltung von jederzeit einsetzbaren Kraftwerksreserven abgedeckt werden müssen. Auch optimistischere Schätzungen veranschlagen den Kapazitätseffekt der Windkraft auf allenfalls zwanzig Prozent.
Es ist inzwischen gelungen, die Wetterprognosen so zu verfeinern, daß die Vorhersagen weitgehend den tatsächlichen Windstärken entsprechen. Das erleichtert es, den unregelmäßig anfallenden Windstrom beim Netzbetrieb einzuplanen. Im übrigen kann das Problem seiner Unstetigkeit aber nur durch geeignete Speichertechniken gelöst oder zumindest verringert werden. Zum Beispiel wäre es technisch möglich, die Drehbewegung der Rotoren für die Erzeugung von Druckluft zu verwenden, die dann nach Bedarf Generatoren zur Stromerzeugung antreibt. Ebenso könnte man den von einer Windkraftanlage erzeugten Strom zunächst für die Herstellung von Wasserstoff verwenden, um dann diesen Energieträger nach Belieben für die Stromerzeugung einzusetzen. Allerdings müssen solche Techniken der Energieumwandlung – der Strom selber läßt sich leider nicht in nennenswertem Umfang speichern – auch einigermaßen wirtschaftlich sein. Daran hapert es bisher noch. Auch die herkömmliche und erprobte Technik der Pumspeicherkraftwerke kommt nur sehr begrenzt in Betracht, da dafür geeignete Standorte bereits weitgehend ausgenutzt sind.
Die Einspeisung größerer Mengen von Windstrom überfordert außerdem die vorhandene Netzkonfiguration, die bereits durch die Folgen der Deregulierung über Gebühr strapaziert wird, was kostspielige Um- oder Ausbauten erforderlich macht. Der erwähnten Netzstudie zufolge müssen bis 2020 rund 842 Kilometer des vorhandenen 380-kV-Netzes verstärkt und 1901 Kilometer Leitungen neu gebaut werden. In erster Linie sei dies erforderlich, um die geplanten "Offshore"-Windenergieanlagen in der Nord- und Ostsee ins Netz einzubinden. Mit weiteren netztechnischen Maßnahmen wie dem Einbau von Querreglern, dem Neu- und Umbau von Schaltanlagen oder Vorrichtungen zur Blindleistungskompensation komme so bis 2020 eine Investitionssumme von rund drei Milliarden Euro zusammen.
Nicht nur die netztechnischen Probleme setzen dem Windkraft-Anteil an der Stromerzeugung Grenzen. Hinzu kommt die Unbeliebtheit der Windkraftanlagen bei Landschaftsschützern und betroffenen Anwohnern. Die anfänglich uneingeschränkte Begeisterung für die umweltfreundliche, erneuerbare Windenergie machte bald eher zwiespältigen Gefühlen Platz: Immer häufiger empfand man die "Windmühlen" als Beeinträchtigung der Landschaft. Immer häufiger wurde nun auch das von ihnen ausgehende Geräusch, der Schattenwurf der Anlagen, Lichtreflexe oder die Drehbewegung der Rotoren als störend empfunden.
So schrieb etwa die "Frankfurter Allgemeine" im September 1994:
"Der Zwist um die Windenergie hat ganze Dorfgemeinschaften gespalten. In manchen Orten haben sich Windenergiemuffel in Bürger- und Wählerinitiativen zusammengeschlossen und sich in die Ortsparlamente wählen lassen. Die Demonstrationen und Straßenblockaden erinnerten an die Auseinandersetzung um die Atomenergie. Manch einer spricht gar vom 'Krieg um die Windenergie'. Die Anwohner fühlen sich durch den Lärm der Rotorengeräusche und den Anblick der weißen Spargeltürme gestört. Naturschützer beklagen die Verschandelung der flachen Kulturlandschaft, wo die bis zu 90 Meter hohen Windrotoren kilometerweit zu sehen sind. Außerdem würden die Windmühlen wichtige Rastplätze für Zehntausende von Zugvögeln zerstören, wie etwa auf der Insel Pellworm. Der Fremdenverkehr befürchtet, daß Gäste wegbleiben könnten. ... Die Energieunternehmen schließlich stören sich an den Kosten, die durch die hohen Abnahmepreise für die Windenergie entstehen."
Vor diesem Hintergrund scheiterte 1994 eine vom Bundestag beschlossene Baurechtsänderung zur Erleichterung der Errichtung von Windkraftanlagen am Widerstand der Länder im Bundesrat. Nach dem bisherigen Baurecht war die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb von ausgewiesenen Baugebieten grundsätzlich unzulässig. Die Änderung sollte es ermöglichen, die Errichtung von Windkraftanlagen im Außenbereich von Gemeinden bevorzugt zu genehmigen. Sie hatte besonders in Schleswig-Holstein einen Proteststurm entfacht. Die Landräte der windreichen Küstenkreise sahen ihre Pläne durchkreuzt, durch gezielte Ausweisung von Flächen für Windparks den Wildwuchs von Einzelanlagen zu stoppen.
Zwei Jahre später kam es dann doch zu einer Gesetzesänderung, die allgemein die Errichtung von Windkraftanlagen im Außenbereich von Gemeinden ermöglichte. Zugleich wurde nun aber den Gemeinden das Recht eingeräumt, den Bau von Windkraftanlagen auf bestimmte Gebiete zu beschränken. Voraussetzung ist ein entsprechender Flächennutzungsplan. Wie das Bundesverwaltungsgericht dazu in einem Urteil feststellte, muß die ausgewiesene Fläche als Standort für Windkraftanlagen geeignet sein. Sie dürfe auch nicht so klein sein, daß sie in der Praxis auf eine "Verhinderungsplanung" hinauslaufe.
Allerdings haben auch die Landes- und Regionalbehörden ein Wörtchen mitzureden, vor allem dann, wenn die Genehmigung mit dem Landschaftsschutz kollidiert. So untersagte das Landratsamt Waldshut den Bau mehrer Anlagen auf einer Bergkuppe im Schwarzwald wegen Verunstaltung des Landschaftsbildes. Die Stadt Freiburg mußte auf Weisung der Landesregierung die bereits erteilte Genehmigung für zwei Anlagen zurücknehmen, weil sie das Landschaftsbild um den "Schauinsland" beeinträchtigten. Das Regierungspräsidium Darmstadt untersagte die Errichtung von vier Windrädern auf dem Morsberg im Vorderen Odenwald. Das Land Nordrhein-Westfalen erschwerte die Errichtung von Windkraftanlagen durch einen Erlaß, der Mindestabstände zu Wohngebieten vorsieht, die Durchführung eines immisionsschutzrechtlichen Verfahrens vorschreibt und eine Bankbürgschaft für den Abriß der Anlagen nach Ablauf ihrer Lebensdauer verlangt.