Der Redakteur der "Mannheimer Zeitung" - hier die Ausgabe vom 9. September1801 - besorgte zugleich die Zensur für die Kurpfalz.
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Mannheimer Zeitung

(Jan. 1767 - Okt. 181O)

"Man liefert heute das erste Zeitungsblatt, welches jemals hier gedruckt wurde", behauptete der Hofrat Andreas Lamey, als er am 1. Januar 1767 die erste Nummer der "Mannheimer Zeitung" herausbrachte. Damit übersah er offensichtlich die Existenz des "Mannheimer Frag- und Anzeigsblatts", das bis 1803 erschien. Vermutlich hat er das Anzeigenblatt nicht zu den Zeitungen gerechnet. Das wäre allerdings blanker Hochmut gewesen, denn wer sich Lameys "Mannheimer Zeitung" hielt, war nicht viel besser informiert. Seine wichtigste Aufgabe sah das Blatt darin, "alle an dem hiesigen Churfürstlichen Hof vorfallenden Veränderungen, Staatsgepränge, Beförderungen und Lustbarkeiten mitzuteilen". Ferner sollten die Leser "von Woche zu Woche von dem Hochschätzbaren Wohlseyn ihres theuersten Landesvaters und der geliebtesten Landesmutter die gesichertste Nachricht haben können".

Die Redaktion des Blattes lag in den vertrauenswürdigsten Händen. Andreas Lamey war nicht nur Sekretär der kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften, sondern besorgte seit 1768 auch die Zensur aller verdächtigen Bücher und Zeitungen. Der Redakteur der "Mannheimer Zeitung" war also zugleich sein eigener Zensor. Oder umgekehrt: Der Zensor schrieb die Zeitung selbst.

Lameys Hofblatt, an dem auch der kurfürstliche Hofhistoriograph Christoph Jacob Kremer mitwirkte, erschien zunächst zweimal wöchentlich. Ab 1778 kam es dann dreimal wöchentlich heraus. Im selben Jahr verlegte der Kurfürst Karl Theodor die Residenz von Mannheim nach München. Seine ungeliebte Gemahlin und die Akademie, in deren Druckerei die "Mannheimer Zeitung" hergestellt wurde, ließ er zurück. Das war so ziemlich das einzige, was Mannheim vom alten Glanz verblieb. Für das Wirtschaftsleben der Stadt war der Wegzug des Hofes verständlicherweise ein schwerer Schlag. Auch für das Erscheinen einer Zeitung, die ihre Spalten mit Hofberichten und Anzeigen füllte, waren die Umstände nicht sonderlich günstig. Vermutlich hatte das dreimalige Erscheinen der "Mannheimer Zeitung" ab 1778 politische Gründe. Die amerikanischen Kolonisten führten gerade ihren Unabhängigkeitskrieg gegen die englische Krone, und im benachbarten Frankreich gärte es bereits gewaltig. Der kurfürstliche Landesvater wird wohl Wert darauf gelegt haben, daß bei den stürmischeren Zeiten seine Landeskinder aus berufenem Munde über die Segnungen der angestammten Herrschaft aufgeklärt wurden.

Das viermalige Erscheinen der "Mannheimer Zeitung" ab 1792 stand ganz offensichtlich im Zusammenhang mit den politischen Ereignissen. Es war das Jahr, in dem die französischen Revolutionssoldaten das linksrheinische Ufer besetzten und dort ziemlich unsanft mit den alten Verhältnissen aufräumten. Die meisten Fürsten liefen Hals über Kopf davon. Die Stadt Mainz, in der noch wenige Monate zuvor ein prunkvoller Fürstentag über vereinte Maßnahmen gegen das revolutionäre Frankreich beraten hatte, öffnete den Franzosen bereitwillig die Tore. Man begrüßte sie als Befreier. Johann Forster und seine Freunde vom Mainzer Jakobinerklub gründeten die erste deutsche Republik, die von Landau bis Bingen reichte. Der geflüchtete Kurfürst von Mainz ließ unterdessen aus der Ferne durch seine Akademie die Preisfrage stellen, auf wievielerlei Arten man die Untertanen überzeugen könne, daß sie unter einer weisen, gerechten und milden Regierung lebten... .