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(Aus: Udo Leuschner, „Kurzschluß - wie unsere Stromversorgung teurer und schlechter wurde“, S. 262 - 275

„Positive Grundstimmung“

Energiekonzerne verausgaben Millionen zur Aufhellung ihres Erscheinungsbildes in der Öffentlichkeit



Die Energie Baden-Württemberg, die von allen Stromversorgern den höchsten Kernenergie-Anteil hat, machte aus dieser Not eine Tugend, indem sie sich als Vorkämpfer für CO2-freie Stromerzeugung darstellte: „Wir sparen am meisten CO2. Versprochen“ hieß es beispielsweise auf Plakaten und in Anzeigen, die ein Kraftwerk mit zugeknotetem Schornstein zeigten. Von Kernenergie war nicht die Rede. Dafür aber von Klimaschutz, Wasserkraft und anderen erneuerbaren Energien.

 

Mit dem Lobbying verwandt ist die Image-Werbung. Sie soll den Energieversorgern ebenfalls ein freundliches politisches Umfeld verschaffen. Der Adressat ist allerdings keine bestimmte Person, von der man Hilfsdienste und Entgegenkommen erwartet. Es geht vielmehr um die Beeinflussung anonymer Wähler oder „Meinungsbildner“: Beispielsweise möchten die Stromversorger nicht für raffgierige Monopolisten gehalten werden, sondern für höchst verantwortungsbewußte, an der Spitze des technischen Fortschritts stehende und von menschenfreundlichen Zukunftsvisionen erfüllte Sachwalter des Gemeinwohls.

Das Strickmuster brauchte nicht neu erfunden zu werden. Beispielsweise läßt sich die Pharma-Industrie seit langem als unermüdlich forschender Wohltäter der Menschheit darstellen, um von der Überteuerung sowie der teilweisen Überflüssigkeit und Schädlichkeit ihrer Produkte abzulenken. Wenn die Vermittlung solcher Selbstbilder gelingt, gibt es für die Politiker keinen Anreiz mehr, als Anwalt der Wähler und Verbraucher aufzutreten. Dafür werden sie umso eher geneigt sein, ihr Ohr der Lobby zu leihen.

Image-Kampagnen können von den beauftragten Werbeagenturen generalstabsmäßig organisiert und durchgeführt werden. Es ist nur eine Frage des Geldes, wann und wo man entsprechende Plakate klebt, Anzeigen schaltet oder Fernsehspots sendet. Meistens setzen die Kampagnen dann ein, wenn im redaktionellen Teil die Stimmung nicht mehr so günstig ist, wie es die Auftraggeber gern hätten. Ein willkommener und einkalkulierter Nebeneffekt ist dabei die starke Abhängigkeit der Medien von bezahlten Anzeigen, die in mancherlei Form auf den redaktionellen Teil durchschlägt.

Die Image-Werbung der Energieversorger bestand aus der üblichen, intellektuell anspruchslosen, mit Schlagworten und englischem Imponiergefasel daherkommenden Art der Ansprache, wie sie die Werbeagenturen zu jedem beliebigen Zweck zusammenrühren. Sie beeindruckte nicht durch Argumente, sondern durch die schiere Macht des Geldes, mit dem sie über elektronische Medien, Plakatwände oder doppelseitige Zeitungsanzeigen ins Publikum gedrückt wurde. Und wenn auch sicher nicht alle den Kakao tranken, durch den sie gezogen wurden, mußten sie ihn doch bezahlen.

Zum Beispiel schaltete RWE im Oktober 2006 in den führenden Tageszeitungen ganzseitige Farbanzeigen: Die erste Seite enthielt nichts weiter als blauen Himmel, eine schwarz-rot-goldene Flagge am Rand und die Frage „Wer investiert am meisten in Deutschland?“ Auf diesen „Teaser“ folgte dann beim Umblättern der Zeitung eine weitere ganzseitige Anzeige derselben Machart, nur mit etwas mehr Text, wobei RWE als „wichtiger Impulsgeber für den Wirtschaftsstandort Deutschland“ präsentiert wurde.

Zur Einführung des Namens E.ON zwei Wochen lang nur rote Flächen


Mit dem surrealistisch anmutenden Spruch „Mein e-on steht mir gut“ warb die Schauspielerein Veronika Ferres für die neue Dachmarke E.ON

Schon kurz nach Inkrafttreten des neuen Energierechts 1998 erhöhten die Stromversorger die Ausgaben für Reklame bedeutend und und zählten bald zu den potentesten Auftraggebern der Werbeagenturen. Zunächst ging es dabei um Produktwerbung für Strommarken wie „Yello“ oder „Avanza“. Dann floß das Geld vor allem für die Etablierung neuer und Festigung alter „Dachmarken“ wie E.ON und RWE. Schließlich trat aber reine Sympathie-Werbung in den Vordergrund, die das einzelne Unternehmen oder die ganze Branche in ein möglichst günstiges Licht rücken sollte. Der Übergang zwischen diesen drei Formen von Werbung war fließend. Vor allem die Dachmarken-Kampagnen waren zum Teil auch Image-Kampagnen.

Ende Juni 2000 startete die neue E.ON AG eine groß angelegte Werbekampagne zur Einführung ihres Namens, der die bisherigen Bezeichnungen Veba und Viag bzw. PreussenElektra und Bayernwerk ersetzte. Es handelte sich um einen Kunstnamen, der mit Unterstützung externer Berater entwickelt worden war und sich bei einem Marktforschungstest mit über 2000 Personen gegen andere Vorschläge durchgesetzt hatte. Die affektierte Schreibweise mit einem Punkt nach dem E sollte den Aufmerksamkeitswert und den Kontrast zu anderen Marken zusätzlich steigern.

Der Reklamefeldzug kostete einen zweistelligen Millionenbetrag „in oberer Höhe“. Auf ganzseitigen Anzeigen in Tageszeitungen sowie auf Plakatwänden und im Fernsehen war zwei Wochen lang zunächst nur die Farbe rot zu sehen. Erst dann gesellte sich zur Farbe rot der spärliche Hinweis auf „E.ON - Neue Energie“. In einer dritten Stufe der Kampagne warb die Schauspielerin Veronika Ferres mit dem Nonsens-Slogan „Mein Eon steht mir gut“. Arnold Schwarzenegger hantierte mit einem Mixer („Mix it baby!“). Vordergründig ging es dabei um spezielle Stromangebote wie „Aquapower“. Der eigentliche Zweck war indessen nichts weiter als die Erzeugung heißer Luft, um den Namen E.ON zu popularisieren.

RWE wirbt in Deutschland auf englisch: „Imagine – RWE One Group. Multi Utilities“

Nur zwei Monate später folgte RWE mit einer ähnlichen Werbekampagne. Hier ging es nicht darum, eine neue Marke zu kreieren. Vielmehr sollten die drei Buchstaben RWE nach der nunmehr erfolgten Einverleibung von VEW als Dachmarke für Strom, Erdgas, Wasser, Entsorgung und ähnliche Dienstleistungen im Bewußtsein der Öffentlichkeit verankert werden. Diesem Zweck diente auch die Einführung eines einheitlichen Konzernlogos, das neben den Buchstaben RWE und dem Zusatz „One Group. Multi Utilities“ eine stilisierte Hand auf blauem Grund zeigte. Wie es in einer Pressemitteilung hieß, symbolisiere die Hand „in hohem Maße Menschlichkeit“ und versinnbildliche zugleich „das Multi Utility-Konzept mit dem Kundenangebot alles aus einer Hand“.

Zugleich wollte RWE demonstrieren, daß man dem neuen Konkurrenten E.ON auch auf dem Gebiet der Werbung das Wasser reichen konnte. Zum Auftakt war deshalb sogar geplant, vor der E.ON-Konzernzentrale in Düsseldorf ein 120 Quadratmeter großes Plakat mit der Aufschrift „Imagine - RWE One Group. Multi Utilities“ zu entrollen. Das Hotel, dessen Fassade für die Konfrontation ausersehen war, fühlte sich allerdings über den Sinn der Aktion getäuscht und untersagte das Spektakel.

Die RWE-Kampagne trug insofern skurrile Züge, als sie das Dachmarken-Konzept unter dem englischen Slogan „One Group - Multi Utilities“ dem deutschen Publikum zu vermitteln versuchte – gerade so, als ob das Kauderwelsch von Managern und Werbe-Fuzzis bereits Umgangssprache geworden wäre. Der englische Imperativ „Imagine!“ gehörte ebensowenig zum Sprachschatz des Normalverbrauchers. Dennoch sollte er zu Gedankenflügen veranlassen, was mit Energie alles möglich sei – zum Beispiel „Wasser zum Tanken, Trinken und Verbrennen“, wie eines der Kampagnenmotive lautete. Für viel Geld hatten sich die Werbestrategen zudem die Rechte an dem Song „Imagine“ von John Lennon gesichert, mit dem RWE nun in Fernseh- und Radiospots warb.

Vermutlich ging es gar nicht um Verständlichkeit. Vielmehr wollte man gerade bei jenen, die das englische Imponiergefasel nicht oder falsch verstanden, den Eindruck von Modernität und Weltläufigkeit erwecken. Ob diese Botschaft so ankam, ist allerdings fraglich. In Wirklichkeit dürfte der RWE-Konzern lediglich signalisiert haben, daß er drauf und dran war, sich von seinen deutschen Wurzeln zu verabschieden..

Die neue Leitfigur des RWE-Konzerns entpuppt sich als Rauschgift-Konsument


Der „große Sprung nach vorn“ mit dem Fußballtrainer Christoph Daum als Leitfigur endete für RWE mit einer äußerst schmerzhaften Bauchlandung.

Ein grandioser Reinfall war die Verpflichtung von Christoph Daum als Symbolfigur und Motivations-Guru. Laut „Bild-Zeitung“ bekam der 46-jährige Fußballtrainer 10,2 Millionen Mark dafür, daß er sich dem Konzern über sechs Jahre lang bis zur Weltmeisterschaft 2006 zur Verfügung stellte. Eine seiner ersten Dienstleistungen bestand darin, daß er im Fußballstadion oder bei Fernsehinterviews in einem himmelblauen Anzug auftrat, um für die gleichfarbige RWE-Strommarke „Avanza“ Reklame zu machen.

Aber RWE hatte mit Daum mehr vor, als die kränkelnde hauseigene Strommarke zu fördern. Man wolle mit Daum „Werte transportieren, keine Produkte“, ließ sich der damalige RWE-Kommunikationschef Dieter Schweer vernehmen. Und tatsächlich versuchten Schweer und seine Werbehelfer, aus dem teuer eingekauften, vom geistigen Zuschnitt her aber eher zur „Bild-Zeitung“ passenden Werbeträger einen visionären Vordenker und eine Leitfigur des Konzerns zu machen. Man ließ Daum etwa über „Parallelen zwischen Fußball und Wirtschaft“ räsonieren, die Politik von Gerhard Schröder loben, die Widerstände gegen Genmanipulation verurteilen und in neoliberaler Manier über die „Deutschland AG“ herziehen.

In einer Sonderausgabe das RWE-Magazins „Agenda“, die dem Kult um den neuen Motivations-Guru gewidmet war, tönte der RWE-Vorstandsvorsitzende Dietmar Kuhnt: „Unser Anspruch ist es, die Markt- und Meinungsführerschaft im Energiebereich auszubauen. RWE, die stärkste deutsche Energiemarke, hat sich deswegen mit Christoph Daum verbunden. Der künftige deutsche Bundestrainer und einer der innovativsten Fußball-Lehrer ist zu uns ins Team gekommen. Mit seiner Persönlichkeit vertritt er glaubwürdig die Identität unseres Unternehmens.“

Wer als RWE-Mitarbeiter etwas höhere Ansprüche als Kuhnt und sein Kommunikationschef hatte, mußte es als beleidigend empfinden, ein derartiges Leitbild vorgesetzt zu bekommen. Aber zum Glück war es mit Daums Vorbildfunktion schnell vorbei. Es kam nämlich heraus, daß der neue Motivations-Guru seiner eigenen Motivation mit Kokain aufhalf. Ein Haartest, dem sich Daum freiwillig unterzog, bestätigte die Vorwürfe. Der RWE-Konzern stoppte daraufhin die ganze Daum-Kampagne und schrieb sie als Totalschaden ab.

Die Karriere des RWE-Kommunikationschefs Schweer tat dies keinen Abbruch. Dank seines guten Drahts zu RWE-Chef Kuhnt, der ihn 1996 eingestellt hatte, schaffte er es am Ende sogar, wie ein Vorstandsmitglied bezahlt zu werden. Kuhnts Nachfolger Roels fand dies dann allerdings doch etwas übertrieben und feuerte den Hochbezahlten bei der ersten Gelegenheit.

E.ON startet dreistufige „On“-Kampagne...

Im Herbst 2002 unternahm E.ON erneut einen weiteren Reklamefeldzug, um sich in den Köpfen der Bevölkerung als führende Energie-Marke etablieren. Die Kampagne begann mit der Frage „Sind Sie on?“. In einer zweiten Phase wurden unbekannte, aber „interessante“ Menschen vorgestellt, „die im Alltag mit Energie Leistungen vollbracht haben oder vollbringen, die zielstrebig und entschlossen ihren Weg gehen“. Beispielsweise gehörte dazu ein ehemaliger Obdachloser, dem es gelungen war, wieder Anschluß an die Gesellschaft zu finden. Diese sogenannten Testimonials wurden unter dem Motto „ich bin on“ präsentiert. Erklärtes Ziel war die Erzeugung einer positiven Grundstimmung bzw. einer „grundpositiven Welt“, wie man dem Werbe-Fachblatt „Horizont“ entnehmen konnte.

Der millionenteure Klamauk der „ich bin on“-Kampagne lockte erneut Trittbrettfahrer an. Bei der ersten E.ON-Kampagne hatte der „Media-Markt“, der seine eigenen Anzeigen ebenfalls rot zu unterlegen pflege, den hauseigenen Werbeslogan „ich bin doch nicht blöd!“ verändert in „Wer rote Anzeigen ohne geile Angebote schaltet, ist blöd“. Nun ließ die Stromvertriebsfirma Yello bundesweit Plakate kleben mit dem Spruch: „Andere sind on. Yello ist in.“

...und stoppt sie vorübergehend

Im Frühjahr 2003 sollte eine dritte Phase folgen, die den Direktbezug zum Unternehmen E.ON herstellte. Der neue E.ON-Vorstandsvorsitzende Wulf Bernotat stoppte die Kampagne aber, da sich inzwischen inner- wie außerhalb des Konzerns massiver Zweifel am Sinn solcher Werbekampagnen und Kritik an der „Geldvernichtung“ regte. Erst im Oktober gab Bernotat wieder grünes Licht: Unter der Überschrift „Wir bei E.ON sind on“ präsentierten die Anzeigenmotive nun Mitarbeiter von in- und ausländischen Konzerngesellschaften, die das „breite Leistungsspektrum“ und „das nationale wie internationale Potential“ des Konzerns zum Ausdruck bringen sollten.

Vattenfall nimmt das Brandenburger Tor unter Vertrag

Die beiden kleineren Konzerne Vattenfall und EnBW hielten sich zunächst mit eigener Werbung zurück. Bei Vattenfall lag dies daran, daß der Kontakt zu Endkunden, soweit es ihn überhaupt gab, nicht unter der Marke Vattenfall lief, sondern unter den regionalen Vertriebsmarken Bewag, HEW und Wemag. Erst im Zuge der schrittweisen Liquidierung von Bewag und HEW entstand auch bei der Mutter Vattenfall das Bedürfnis nach direkter und möglichst positiver Wahrnehmung durch das breite Publikum. Im Herbst 2003 schloß der Konzern ein Abkommen mit dem Berliner Senat, das ihm auf fünf Jahre die Verwendung des symbolträchtigen Brandenburger Tors zu Werbezwecken sicherte. Zum Beispiel wurde es ihm erlaubt, sich auf Briefköpfen als „Partner des Brandenburger Tors“ bezeichnen und am Standort des Berliner Wahrzeichens zwei gläserne Tafeln und zwei Bodenplatten anzubringen, die auf den Sponsor verweisen. Als Gegenleistung übernahm Vattenfall die jährlichen Betriebskosten von rund 200 000 Euro, die durch die Beleuchtung des Tors und notwendige Sanierungsarbeiten wie das Entfernen von Graffiti entstehen.

EnBW „präsentiert“ das Wetter im Fernsehen

Bei der EnBW stand unmittelbar nach der Liberalisierung des Strommarkts die Produktwerbung für die Vertriebstochter „Yello“ im Vordergrund. Ein erster Schritt zur Sympathie-Werbung erfolgte 2002 mit der „Präsentation“ des Wetterberichts im Ersten Programm der ARD. Im selben Jahr verpflichtete sich die EnBW als offizieller Förderer der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Das Sport-Sponsoring wurde in den folgenden Jahren auf die Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler sowie die beiden Fußball-Verein KSC Karlsruhe und VfB Stuttgart ausgedehnt. Auch als Kultur-Mäzen betätigte sich das Unternehmen gelegentlich. Große Plakat- und Anzeigenkampagnen wie bei E.ON und RWE gab es aber lange Zeit nicht. Erst 2005 beauftragte auch die EnBW eine Werbeagentur, „das Markenleitbild und das Profil der EnBW als innovatives, gesellschaftlich verantwortliches und seine Kunden verstehendes Unternehmen breit zu kommunizieren“, wobei über Baden-Württemberg hinaus in bundesweit erscheinenden Medien geworben werden sollte.

E.ON-Anzeige aus dem Jahr 2006, die die Empörung der Stromverbraucher von den Stromkonzernen auf den Staat ablenken sollte.

Ende 2005 warben die Branchenverbände VDEW und BGW gemeinsam um Verständnis für steigende Energiepreise.

Die Branche wirbt um Verständnis für Preiserhöhungen

Angesichts des zunehmenden Unmuts wegen der steigenden Strom- und Gaspreise verstärkten die Energieversorger Ende 2005 ihre Öffentlichkeitsarbeit. In ganzseitigen Zeitungsanzeigen verwiesen der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) und der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) auf ihre jeweiligen Internet-Angebote unter www.strom.de und www.erdgasfakten.de. Der VDEW hob besonders die staatliche Belastung der Strompreise sowie die Verteuerung von Kohle und Erdgas hervor. Der BGW argumentierte hauptsächlich damit, daß die Erdgaspreise für die deutschen Haushalte „im europäischen Mittelfeld“ lägen.

Im Vorgriff auf die geplante Fusion beider Verbände hieß es in einer gemeinsam geschalteten Anzeige: „Die deutschen Erdgas- und Stromversorger übernehmen Verantwortung: Wir treiben durch strukturelle Anpassungen in unserer Branche den Wettbewerb voran, erklären, wie sich die Energiepreise bilden, und sicheren mit unseren Investitionen die Zukunft - auch unter schwierigen und sich schnell verändernden Rahmenbedingungen.“

Unabhängig davon setzte der E.ON-Konzern, der vor allem als Gasversorger mit negativer Publizität kämpfte, seine aufwendige Image-Kampagne fort. In rot grundierten ganzseitigen Anzeigen hieß es beispielsweise: „Informationsfluß entsteht durch Austausch von Wissen. Das macht uns auf den Märkten in Europa und den USA so erfolgreich. Mit Leistung und Engagement tauschen unsere Mitarbeiter ihr Know-how ständig untereinander aus. Know-how, das letztlich Ihnen zugute kommt - in Form von erstklassigen Produkten und Dienstleistungen. Mehr über den größten privaten Strom- und Gasdienstleister unter www.eon.com.“

RAG empfiehlt Steinkohle als krisensicheren Energieträger


Die staatlich subventionierte RAG verpulverte Millionen aus Steuergeldern, um für die weitere Verstromung deutscher Steinkohle zu werben.

Die hoch subventionierte und chronisch defizitäre Deutsche Steinkohle AG (DSK) startete im Oktober 2003 eine aufwendige Werbekampagne, um die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit einer weiteren Subventionierung dieses heimischen Energieträgers zu überzeugen. Eine Werbeagentur entwickelte dafür verschiedene Motive, die in Tageszeitungen und Publikumszeitschriften erschienen sowie in ausgewählten Großstädten als Großflächenplakate geklebt werden. Zum Beispiel diente als Symbol für die politische Instabilität in vielen Herkunftsländern der Importenergien ein Terroristen-Duo, daß gerade eine Panzerfaust abfeuert („Wird hier gerade über unsere Energieversorgung entschieden?“).

„Mit der Kampagne verdeutlichen wir, daß jeder Euro für den deutschen Steinkohlenbergbau eine nützliche Investition in die Zukunft ist und keine Opfergabe für eine sterbende Branche“, begründete der DSK-Vorstandsvorsitzende Bernd Tönjes die werblichen Aktivitäten des staatlichen Kostgängers. Die Erhaltung einer Restförderung von 16 Millionen Tonnen deutscher Steinkohle ab 2012 sei im Interesse der gesamten Bevölkerung.

Im Frühjahr 2004 ließ die RAG die aktuelle Koks-Verknappung in den laufenden Reklamefeldzug miteinfließen: Unter der Überschrift „Deutschland geht die Kohle aus“ textete sie in ganzseitigen Anzeigen: „Kokskohle und Koks sind weltweit knapp. Wer sich ausschließlich auf die globalen Rohstoffmärkte verläßt, ist verlassen. Die Preise explodieren: von 50 auf 500 Dollar für eine Tonne. Arbeitsplätze sind in Gefahr. Heute die Metallbranche und morgen unsere Stromversorgung? Jede zweite Kilowattstunde kommt heute aus deutschen Kohlekraftwerken. Und den Rohstoff Kohle für unseren Stromverbrauch haben wir in Deutschland noch für Jahrhunderte - und auch Kokskohle ist noch reichlich vorhanden.“

Ein paar Monate später fand die RAG im Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) einen Verbündeten. In ganzseitigen Anzeigen mit der Überschrift „Die globale Rohstoffkrise verheizt den Mittelstand“ warnten RAG und WSM nun vor der preistreibenden Wirkung des Kokskohle-Mangels auf die Stahlerzeugung, die zahlreiche mittelständische Unternehmen in den Ruin zu treiben drohe. Dadurch seien eine halbe Million Arbeitsplätze in über 4000 Unternehmen gefährdet.

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) reagierte auf die RAG-Kampagne im November 2004 mit einer eigenen Anzeigenkampagne zugunsten der Erneuerbaren Energien. Anlaß war ein gegen die Windenergie gerichtetes Anzeigenmotiv der RAG: Es zeigte Spielzeug-Windräder mit dem Text „Sie brauchen Zeit, um groß zu werden.“ Die dena konterte mit dem Bild eines Kohlekraftwerks und dem Text: „Sie brauchen Zeit, um sauber zu werden. Wir geben sie ihnen. Wir lassen die Zukunft nicht in Rauch aufgehen.“ Allerdings kam aus den Schornsteinen des abgebildeten Kraftwerks ersichtlich kein Rauch. Die dena-Texter hatten anscheinend die Dampfschwaden aus Kühltürmen für Rauch gehalten.

Rechnungshof rügt Verschwendung von Steuergeldern

Sowohl der hochsubventionierte RAG-Konzern als auch die im Oktober 2000 gegründete „Deutsche Energie-Agentur“ lebten letzten Endes von Steuergeldern. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der als eifriger Parteigänger der Kohle galt und als zuständiger Ressortminister nichts gegen die RAG-Kampagne unternahm, war übrigens auch Vorsitzender des dena-Aufsichtsrats.

In einem Bericht an den Haushaltsausschuß des Bundestags beanstandete der Bundesrechnungshof sowohl die Anzeigenkampange der RAG als auch die Haltung des Bundeswirtschaftsministers, der sie nicht stoppte und die Kosten von 8,8 Millionen Euro sogar bei der Festsetzung der staatlichen Steinkohlebeihilfen berücksichtigen wollte. Der Bundesrechnungshof stellte demgegenüber fest, daß die Anzeigenkampage nicht durch den Zweck der staatlichen Zuwendungen gedeckt sei. Der Bund gewähre den Bergbauunternehmen Mittel für den Absatz deutscher Steinkohle zum Einsatz in Kraftwerken und zur Stahlerzeugung. Die Kampagne richte sich jedoch direkt an die Bürger, deren Verhalten auf den Absatz der nationalen Steinkohle keinen maßgeblichen Einfluss habe. Tatsächlich würden hier „Subventionen eingesetzt, um für weitere Subventionszahlungen zu werben“.

Die Kritik des Bundesrechnungshofs hatte indessen keine Folgen. Bundeswirtschaftsminister Clement (SPD) dachte nicht daran, der Zweckentfremdung von Steuergeldern zur propagandistischen Bearbeitung der Steuerzahler Einhalt zu gebieten. Im August 2006 schaltete die RAG sogar ganzseitige Anzeigen, in denen sie sich der Öffentlichkeit als neuer Hauptsponsor des börsennotierten Fußballunternehmens „Borussia Dortmund“ und Förderer der Bochumer „RuhrTriennale“ vorstellte.

Jedes Jahr gaben die Energiekonzerne so -zig Millionen Euro aus, um ihrem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit aufzuhelfen. Bei denkenden Menschen dürften sie damit eher negative Reaktionen ausgelöst haben, denn es lag auf der Hand, daß hier Millionen Euro für gezielte Desinformation verausgabt wurden, die letzten Endes in die Energiepreise eingingen oder aus dem Steuersäckel bezahlt wurden.

EnBW kauft Zettel eines Torhüters für eine Million Euro

Daß die Stromverbraucher doch nicht so dumm waren, wie manche Werbestrategen zu glauben schienen, bekam die Energie Baden-Württemberg (EnBW) zu spüren, als sie im Dezember 2006 bei der ZDF-Hilfsaktion „Ein Herz für Kinder“ einen mit Bleistift bekritzelten Zettel für eine Million Euro ersteigerte. Es handelte sich um den Spickzettel, den der Torwart der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Jens Lehmann, beim WM-Viertelfinale gegen Argentinien benutzt hatte, um sich über gegnerische Torschützen und deren Eigenheiten zu informieren. Die EnBW wollte das Papier mit pompöser Geste dem Haus der Geschichte in Bonn als Dauerleihgabe überlassen.

Als reale Gegenleistung erhielt die EnBW einen kostenlosen Auftritt in der Spenden-Gala des ZDF: Torhüter Lehmann überreichte das Stück Papier auf einem roten Samtkissen persönlich dem EnBW-Arbeitsdirektor Bernhard Beck und dem Vorstandsvorsitzenden Utz Claassen.

Vor allem im eigenen Versorgungsgebiet der EnBW zeigten die Stromverbraucher wenig Verständnis für diese Art von Wohltätigkeit und Fußball-Begeisterung. Stattdessen empörten sie sich, wie hier mit dem Geld umgegangen werde, das ihnen die EnBW durch überhöhte Strompreise abgeknöpft habe. „Und nun verhöhnt der bornierte und mediengeile Claassen die abgemolkenen Verbraucher, indem er gönnerhaft mit Millionen um sich wirft!“ hieß es beispielsweise in einer Leserzuschrift an die „Stuttgarter Nachrichten“.

Politiker gingen ebenfalls auf Distanz: „Ich glaube, dass die EnBW schon bessere Ausgaben getätigt hat“, ließ sich Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) vernehmen. Und der grüne Landtagsabgeordnete Franz Untersteller mokierte sich: „Die EnBW hat seit dem Jahr 2000 die Strompreise um 45 Prozent erhöht. Da versteht man auch, warum man plötzlich eine Million Euro übrig hat, um Spickzettel von Torhütern zu ersteigern.“

Gelder für wirklich nützliche Zwecke werden gestrichen

Die Kehrseite dieser scheinbaren Großzügigkeit war die Streichung von Geldern, die bisher für wirklich nützliche Zwecke ausgegeben wurden. Im selben Maße, in dem die Stromversorger nach der Liberalisierung des Strommarktes ihre Werbeausgaben erhöhten, strichen sie radikal alles zusammen, was keine kurzfristige Steigerung von Umsatz und Rendite versprach.

So gab es in Baden-Württemberg kein Elektromuseum mehr, seitdem die EnBW die Nachfolge des Badenwerks und der Neckarwerke Stuttgart angetreten hatte. Früher existierten gleich zwei solcher Museen, die speziell der Stromversorgung gewidmet waren: Das eine befand sich im Pumpspeicherkraftwerk Forbach im Schwarzwald, dem ersten Kraftwerk des früheren Badenwerks. Das andere unterhielt der Regionalversorger Neckarwerke in Esslingen. Beide Museen wurden von der EnBW endgültig geschlossen. In Hamburg liquidierte Vattenfall das traditionsreiche „electrum“ der ehemaligen Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). Anstatt eine allgemeinbildende Einrichtung zu unterstützen, gab der Konzern das Geld nun als „Partner des Brandenburger Tors“ und für ähnlichen Klamauk aus. Daß es am Konzernsitz Berlin dennoch ein Museum gab, das die Entwicklung der hauptstädtischen Stromversorgung widerspiegelte, war nur der ehrenamtlichen Initiative von Pensionären der früheren Bewag/Ebag zu verdanken. Und auch Nürnberg besaß kein Elektromuseum mehr, seitdem die N-ERGIE das Erbe der ehemaligen Fränkischen Überlandwerk AG angetreten hatte.

Kein Interesse mehr an seriöser Branchen-Information

Schon unmittelbar nach der Liberalisierung des Strommarktes verfügten die Konzerne die Auflösung der „Informationszentrale der Elektrizitätswirtschaft“ (IZE), die für unternehmensübergreifende Öffentlichkeitsarbeit zuständig war. Die IZE schaltete nicht nur aufwendige Image-Anzeigen im Dienste der Branche, um die es nicht weiter schade gewesen wäre, sondern verbreitete mit der Zeitschrift „Stromthemen“ und der Reihe „Strombasiswissen“ auch solide Informationen, die in Fachkreisen geschätzt und von Lehrern sogar als Unterrichtsmaterial verwendet wurden. Das galt nun alles als überflüssig. Früher hatte die Branche auf ein gepflegtes, seriöses Erscheinungsbild geachtet, wozu auch der kultivierte Umgang zwischen Großen und Kleinen gehörte. Nun herrschte Wettbewerb, und wo dies tatsächlich nicht der Fall war, tat man wenigstens so. Damit verfielen die Sitten. Jeder der vier Konzerne verfügte sowieso über eigene Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit, von denen jede für sich mehr Personal hatte als die IZE mit ihren zwanzig Beschäftigten. Weshalb sollten sie noch Leistungen finanzieren, von denen doch hauptsächlich nur Stadtwerke und andere kleine Konkurrenten profitierten?