Februar 1996

960212

ENERGIE-CHRONIK


Niedersachsen denkt an Enteignung zur Realisierung des Endlagers Gorleben

Die niedersächsische Landesregierung hält es inzwischen nicht mehr für ausgeschlossen, daß es rechtliche Möglichkeiten zu einer Enteignung des Gorlebener Grundbesitzers Andreas Graf von Bernstorff gibt. Der Graf besitzt vierhundert Hektar Wald, unter dem das Endlager Gorleben im Salzstock gebaut werden soll. Zugleich gehören ihm die unterirdischen Salzrechte, die wahrscheinlich ab 1998 benötigt werden, um den Ausbau der Stollen weiter vorantreiben zu können. Bernstorff weigert sich seit Jahren entschieden, die Salzrechte für Zwecke der Endlagerung abzutreten. Bisher wurde er darin von der niedersächsischen Landesregierung unterstützt. So begründete Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) ihren Widerstand gegen den Fortgang der Arbeiten unter anderem mit einem Rechtsgutachten, wonach die für den Betrieb des Endlagers erforderlichen Salzrechte von Bernstorff niemals im Wege der Enteignung zu erlangen seien (siehe 930907). Noch im vergangenen Jahr hatte das Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld einen Enteignungsantrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) gegen Bernstorff abgewiesen. Über den Widerspruch, den das BfS dagegen einlegte, muß nun das niedersächsische Umweltministerium entscheiden. Laut DPA (22.2.) steht das Ministerium dabei unter dem Druck drohender Schadenersatzforderungen und eines im November vorigen Jahres ergangenen Urteils, mit dem das Bundesverwaltungsgericht einen Bescheid der Landesregierung verwarf und die Fortführung der Erkundungsarbeiten in Gorleben gestattete (siehe 951118). In diesem Urteil werden auch die Salzrechte des Grafen erwähnt und nicht als "unüberwindliches Hindernis" angesehen. Auf Anfrage der Frankfurter Rundschau (21.2.) bestätigte das Ministerium, daß seine Juristen eine Enteignung des Grafen nicht mehr für ausgeschlossen hielten.