Juli 2008

080701

ENERGIE-CHRONIK


EnBW erwirbt strategische Beteiligung an EWE

Der Verband der kommunalen EWE-Aktionäre entschied am 11. Juli, der Energie Baden-Württemberg (EnBW) den Zuschlag für die Übernahme von 26 Prozent der EWE-Anteile zu erteilen. Die EnBW hatte zuvor in einem Bieterverfahren ein bindendes Angebot abgegeben. Sie wird die neue strategische Beteiligung an der EWE durch Kauf von bestehenden Aktien sowie durch eine Barkapitalerhöhung erwerben. Das Gesamttransaktionsvolumen beträgt insgesamt rund zwei Milliarden Euro. Der Erwerb muß noch von den Kartellbehörden genehmigt worden. Anscheinend hat das Bundeskartellamt aber keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Handel.

Die Chefs von EWE und EnBW, Werner Brinker und Hans-Peter Villis bei der Unterzeichnung des Beteiligungsvertrags am 12. Juli. Im Hintergrund Günther Boeckhoff und Henning Schultz als Vertreter der kommunalen Anteilseigner der EWE.

Der niedersächsische Energiekonzern verhandelte bereits seit 2007 mit vielen Unternehmen, darunter EnBW und RWE, über eine Kooperation. Anfang 2008 wurde bekannt, daß er eine Investmentbank mit der Versteigerung einer Beteiligung von bis zu 30 Prozent nebst Option auf eine Aktienmehrheit beauftragt habe (080203). Inzwischen ist vom möglichen Erwerb einer Aktienmehrheit nicht mehr die Rede. Vermutlich hat das Bundeskartellamt bei den Vorgesprächen signalisiert, daß es nur eine Beteiligung von 26 Prozent akzeptieren wird. Offiziell heißt es, die kommunalen Aktionäre hätten darauf bestanden, weiterhin 74 Prozent an der EWE zu halten.

Als aussichtsreichste Mitbewerber galten die Gaz de France, die soeben mit Suez fusioniert (080618), und der dänische Versorger Dong. Dem Vernehmen nach hatte die EnBW ihr Angebot nochmals deutlich erhöht, um den Zuschlag zu erhalten. Eine Differenzierung der mit zwei Milliarden Euro veranschlagten Gesamtkosten für Anteilserwerb und Kapitalaufstockung wurde unter Hinweis auf die vereinbarte Vertraulichkeit abgelehnt. Vor viereinhalb Jahren zahlte die EWE ihrem früheren Großaktionär E.ON nur rund 500 Millionen Euro für das Aktienpaket, das sie jetzt in annähernd demselben Umfang an die EnBW weiterreicht (031208).

Wechselseitige Ergänzung beim Gas- und Stromgeschäft

Mit dem Einstieg bei der EWE verringert die EnBW ihren Abstand zu E.ON und RWE. Vor allem kann sie ihre Position im Gasbereich ausbauen. Nach der Übernahme der Gasversorgung Süddeutschland (GVS) im Jahre 2002 (020601) und der Gasversorgung Sachsen Ost (Gaso) im Jahre 2004 (040405) erlangt sie nun über die EWE die Beteiligung an zwei weiteren Ferngasunternehmen. Zum einen handelt es sich dabei um das regionale Gasgeschäft der EWE und deren Verteilnetz, das von der holländischen Grenze bis zur Elbe reicht. Noch wichtiger ist aber, daß sie damit indirekt auch an der ostdeutschen VNG beteiligt wird, deren Mehrheitserwerb die EWE derzeit vorbereitet (080502).

Die EWE profitiert ihrerseits vom Stromangebot, über das die EnBW direkt und über ihren französischen Großaktionär EDF verfügt. Sie besitzt bisher keine nennenswerte Eigenerzeugung und ist als Verteilunternehmen auf günstigen Einkauf des Stroms angewiesen. Weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit gibt es in den Bereichen Telekommunikation und Offshore-Windkraftanlagen.

"Wir sind nicht wegen der VNG bei der EWE eingestiegen"

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 12. Juli unterstrichen die Konzernchefs Werner Brinker (EWE) und Hans-Peter Villis (EnBW) den kommunalen Hintergrund beider Unternehmen, der es erleichtert habe, zueinander zu finden. Der Einstieg bei EWE sei aber auch von der EDF als gleichrangigem Hauptaktionär der EnBW sehr unterstützt worden, hob Villis hervor. Die neue Partnerschaft sei langfristig angelegt, über einen Zeitraum von zehn Jahren und länger.

Brinker sagte, ein strategischer Partner bringe der EWE mehr als die anfängliche Absicht, das Aktienpaket an die Börse zu bringen. Die vor viereinhalb Jahren erfolgte Übernahme des E.ON-Aktienpakets durch die EWE selber (031208) sei immer "ein Kauf auf Zeit" gewesen. Die damals aufgenommenen Darlehen (040914) könnten nun abgelöst werden, wobei noch einiges übrig bleibe, ergänzte Henning Schultz, der als Geschäftsführer des Ems-Weser-Elbe Versorgungs- und Entsorgungsverbandes die kommunalen Anteilseigner vertritt.

Beide Seiten dementierten Spekulationen, wonach die EnBW mit ihrer Beteiligung an EWE hauptsächlich den Einstieg bei der ostdeutschen VNG verfolge. Insbesondere treffe nicht zu, daß die EnBW die Stadtwerke Düsseldorf der EWE überlassen wolle und dafür die VNG erhalte. "Wir sind nicht wegen der VNG bei der EWE eingestiegen, sondern wegen EWE", betonte Villis. Man habe die EWE-Beteiligung an VNG so bewertet wie die Bremer swb (031110) oder andere Beteiligungen. Die EnBW habe auch nicht vor, sich von den Stadtwerken Düsseldorf zu trennen. Aber natürlich würde es ihn "unheimlich freuen", wenn es der EWE gelingen sollte, die Mehrheit an VNG zu übernehmen, fügte Villis hinzu.