April 2003

030402

ENERGIE-CHRONIK


Verhandlungen über dritte Verbändevereinbarung Gas abgebrochen

Die Industrie hat am 9. April 2003 die Verhandlungen über eine Neufassung der Verbändevereinbarung Gas abgebrochen, weil sie keine Chancen mehr sieht, "durch Verhandlungen auf Verbandsebene geeignete Voraussetzungen für einen funktionierenden Wettbewerb zu schaffen". Seit Herbst letzten Jahres seien die Verhandlungen über eine dritte Verbändevereinbarung Gas nicht vorangekommen, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK).

Industrie will weg von der klassischen "Durchleitung"

Streitpunkt ist ein von der Industrie vorgelegtes neues Netzzugangskonzept. Es soll die Nutzung der Gasnetze von einzelnen Transaktionen unabhängig machen, wie dies im Strombereich schon seit der zweiten Verbändevereinbarung der Fall ist (991201). Nach Meinung von BDI und VIK gewährleistet nur ein solches Konzept einen funktionierenden Gaswettbewerb, Börsenfähigkeit, Diskriminierungsfreiheit, Eignung für Massengeschäfte und Bilanzkreisfähigkeit.

Der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) behauptete dagegen in einer Pressemitteilung, die Transport- und Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleisten zu können, falls dieses Modell verwirklicht würde. Die Gaswirtschaft befürworte eine Weiterentwicklung der derzeitigen Netzzugangsregelung, etwa durch ein "einheitliches Transportmanagement aus einer Hand über die gesamte Transportkette, die Bildung von Bilanzkreisen für mehrere Ausspeisepunkte sowie eine flexible Nutzung der Transportkapazität".

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der als vierter Partner mit am Verhandlungstisch saß, äußerte sein "Unverständnis" über den Abbruch der Verhandlungen. Den Industrieverbänden fehle offenbar die Bereitschaft, ernsthaft über einen Kompromiß zu verhandeln, erklärte VKU-Präsident Gerhard Widder.

Ministerium droht mit umfassender Regulierung

Für das Bundeswirtschaftsministerium bedauerte Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch den Abbruch der Verhandlungen. Zugleich forderte er die Verbände zur Wiederaufnahme der Gespräche auf. Andernfalls werde dies "zu einer umfassenden staatlichen Regulierung des Netzzugangs jedenfalls für den Gasbereich führen müssen". Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erwarte von den Verbänden "eine umgehende und umfassende Unterrichtung über die Meinungsunterschiede". Minister Wolfgang Clement (SPD) werde sich dann nach der Osterpause mit den Beteiligten um eine Lösung bemühen.