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Drehstrom besteht aus drei Wechselströmen, deren Sinuskurven um jeweils 120 Grad gegeneinander versetzt sind. Dadurch ergänzen sich Spannungen und Stromstärken der drei Ströme in jedem Augenblick zur Gesamtsumme null. Man braucht deshalb für die drei Drehströme keinen besonderen Rückleiter, wenn Verbraucher in "Stern-" oder "Dreieck-Schaltung" angeschlossen sind.

Drehstrom - die wundersame Dreieinigkeit von drei verketteten Wechselströmen

Neben der Möglichkeit des Ferntransports von elektrischer Energie bietet Wechselstrom noch weitere Vorteile, wenn er als "Drehstrom" angewendet wird. Schon bei der ersten Fernübertragung elektrischer Energie, die 1891 anläßlich der Frankfurter Elektrizitätsausstellung stattfand, wurde davon Gebrauch gemacht. Auf der Drehstromtechnik basiert heute die gesamte Stromwirtschaft.

Bei Drehstrom handelt es sich um drei Wechselströme, die im selben Generator erzeugt werden. Die "Phasen" dieser Wechselströme - also das Auf und Ab der Sinuskurve bei jeder Drehung der Generatorachse um 360 Winkelgrade - sind um jeweils 120 Winkelgrade gegeneinander versetzt. So entsteht ein dreiphasiger Wechselstrom, dessen Sinuskurven sich gleichmäßig überlagern. Betrachtet man die miteinander verketteten Phasen des Drehstroms auf dem Diagramm rechts, wird man feststellen, daß sich die Ausschläge der Sinuskurven in den positiven oder negativen Bereich in jedem Augenblick zur Gesamtsumme null ergänzen.

Drehfeld für robuste Motoren

Der Drehstrom verdankt seinen Namen der Anwendung für den Betrieb von Elektromotoren. Er erzeugt nämlich in den Ständerwicklungen dieser Motoren ein magnetisches Drehfeld, das den Rotor mitnimmt und so die Drehbewegung des Motors erzeugt. Dadurch entfällt der verschleißträchtige Stromwender, der beim Gleichstrommotor auf mechanische Weise für die Stromversorgung und Umpolung des Magnetfeldes im Rotor sorgen muß. Drehstrommotoren brauchen nicht einmal Bürsten und Schleifringe. Ihre Rotoren können sich völlig kontaktfrei drehen, wenn sie den Strom für den Aufbau des Rotorfelds auf induktivem Wege aus dem Magnetfeld des Ständers beziehen ("Käfigläufer"). Deshalb sind Drehstrommotoren äußerst robust und leistungsfähig. Dasselbe gilt für Drehstromgeneratoren.

Stern-und Dreieck-Schaltung

Drehstrom benötigt insgesamt drei Leitungen. Das mag auf den ersten Blick überraschen, da schon für einphasigen Wechselstrom zwei Leitungen erforderlich sind. Demnach bräuchte man für drei Phasen eigentlich sechs Leitungen. Die Rückleitungen können jedoch bei Drehstrom entfallen, da sich die drei Phasen in jedem Augenblick zu null ergänzen. Voraussetzung ist, daß der elektrische Verbraucher an alle drei Phasen angeschlossen wird und diese gleichmäßig belastet. Jedes Drehstrom-Gerät setzt sich deshalb aus drei gleichgearteten elektrischen Teil-Verbrauchern zusammen. Für den Anschluß dieser Teil-Verbraucher an die drei Phasen gibt es zwei Möglichkeiten:

Stern-Schaltung: Man legt jede Eingangsklemme der drei Teil-Verbraucher an eine der Phasen und verbindet die Ausgangsklemmen untereinander.

Dreieck-Schaltung: Die drei Teil-Verbraucher werden jeweils so zwischen zwei Phasen gelegt, daß jede Ausgangsklemme mit einer Eingangsklemme verbunden ist.

Bei Stern-Schaltung werden die Eingänge der drei Teilverbraucher des Drehstromgeräts (rot) mit den Leitern R, S, T und die Ausgänge sternförmig miteinander verbunden. Im Niederspannungsnetz erhält dadurch jeder der drei Teilverbraucher die "Strangspannung" von 230 Volt, die zwischen jedem der drei Leiter und dem gemeinsamen Sternpunkt besteht.

Bei Dreieck-Schaltung werden die Ein- und Ausgänge der drei Teilverbraucher in Form eines Dreiecks miteinander verbunden. Zugleich wird jede "Spitze" des Dreiecks an eine der drei Phasen gelegt. Im Niederspannungsnetz erhält so jeder der Teilverbraucher die "Leiterspannung" von 400 Volt, die jeweils zwischen zwei der drei Phasen-Leiter besteht.

Je nach Art der Schaltung verketten sich die Stromstärken der drei Phasen oder deren Spannungen. So läßt sich zum Beispiel aus demselben Drehstrom durch Sternpunkt-Schaltung eine Spannung von 230 Volt oder durch Dreieck-Schaltung eine Spannung von 400 Volt gewinnen.

Die Transformatoren, die der Strom auf seinem Weg vom Kraftwerk zur Steckdose passieren muß, sind entweder im Stern oder Dreieck geschaltet. Zum Beispiel verwendet man beim Übergang von der Mittel- auf die Niederspannung üblicherweise die Dreiecksschaltung für die Oberspannungs-Seite des Transformators (30 kV oder 10 kV) und die Sternschaltung für die Niederspannungs-Seite (400/230 Volt).


Wenn elektrische Geräte im Stern oder im Dreieck an die drei Drehstrom-Leiter R, S und T angeschlossen werden, ist eine Rückleitung nicht erforderlich, da R, S und T gleichmäßig (symmetrisch) belastet werden. Voraussetzung ist natürlich, daß die drei Teilverbraucher des Drehstromgeräts exakt dieselben Leistungswerte haben.


Einphasige Wechselstromgeräte können auf diese Weise an die drei Drehstrom-Leiter angeschlossen werden. Allerdings werden dadurch R, S und T ungleichmäßig belastet. Damit die Unsymmetrien keine störenden Auswirkungen haben, ist der "Neutralleiter" N als Rückleiter erforderlich. Er ist mit der Stromquelle (Generator oder Transformator) in deren Sternpunkt verbunden und wurde deshalb früher auch als "Mittelpunktleiter" bezeichnet. Je nach Belastung der drei Drehstrom-Leiter fließt im Neutralleiter ein Ausgleichsstrom.

Der Endverbraucher kann seine elektrischen Geräte wahlweise in Sternschaltung (mit 230 Volt) oder in Dreiecksschaltung (mit 400 Volt) betreiben. Die dafür erforderlichen Steckdosen erkennt man an den drei Kontakten für die drei Phasen-Leiter (außerdem verfügen sie über den üblichen Schutzkontakt). Eine besondere Führungs-"Nase" gewährleistet, daß die Phasen beim Einstöpseln des Steckers übereinstimmen. Beim Vertauschen der Phasen laufen Drehstrommotoren nämlich rückwärts, was unliebsame Folgen haben kann.

Drehstrom-Steckdosen und drehstromtaugliche Geräte findet man aber normalerweise nur in Gewerbe- und Industriebetrieben. In Haushalten sind sie auf Ausnahmefälle beschränkt, etwa auf einen besonderen "Kraft"-Anschluß für Waschmaschinen oder leistungsstarke Heizgeräte.

Das Prinzip der Drehstrom-Übertragung ist seit über hundert Jahren unverändert


Diese Abbildung zeigt das Prinzip der Drehstromübertragung, wie es F. A. Haselwander 1888 in seiner Patentanmeldung skizziert hat: Links der Generator, rechts der Motor; dazwischen die beiden Trafos, die den Strom für den Transport über die Fernleitungen (Strichel-Linien in der Mitte) erst hoch- und dann wieder heruntertransformieren. Dieses Prinzip ist bis heute unverändert gültig.

Übrigens hatte Haselwander mit seiner Patentanmeldung nicht viel Glück: Zunächst verschlampte sein Anwalt die Anmeldung, dann wurde sie wegen angeblicher Unklarheiten in der Beschreibung beanstandet und schließlich aus formalen Gründen zurückgewiesen. Als es ihm später doch noch gelang, seine Erfindung schützen zu lassen, wurde das Patent auf die Klage eines Elektrounternehmens hin für ungültig erklärt.