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Das Stoßrad nutzt nur die Bewegungsenergie des Wassers (Aktionsprinzip)

Das unterschlächtige Wasserrad nutzt hauptsächlich die Bewegungsenergie.

Das oberschlächtige Wasserrad nutzt fast nur die Lageenergie des Wassers (Reaktionsprinzip).

Das mittelschlächtige Wasserrad nutzt hauptsächlich die Lageenergie.


Wasserrad und Turbine

Die Wasserkraft wird schon seit Jahrtausenden genutzt, um die Bewegungs- bzw. Lageenergie des Wassers in mechanische Arbeit umzusetzen. Beim Wasserkraftwerk tritt jedoch an die Stelle des gemächlich drehenden Wasserrads die schnellaufende Turbine, die ein geschlossenes System bildet und Wirkungsgrade um 90 % erreicht. Die mechanische Arbeit der Turbine wird auch nicht mehr unmittelbar genutzt, etwa zum Antrieb eines Mühlsteins, sondern über einen angekoppelten Generator in elektrische Energie umgewandelt.

Fallhöhe und Durchfluß

Die Leistung einer Turbine errechnet sich aus dem Produkt der Erdbeschleunigung (9,81 m/sec2) mit der Fallhöhe des Wassers (in m), dem Durchfluß durch die Turbine (in m3/sec) und dem Wirkungsgrad. Wie aus dieser Formel hervorgeht, vermag eine größere Fallhöhe einen geringeren Wasserdurchfluß zu kompensieren und umgekehrt. Konkret: Die vergleichsweise geringe Wassermenge eines Gebirgsbachs mit Fallhöhen von hunderten von Metern vermag unter Umständen mehr Strom zu erzeugen als die große Wassermenge eines Flusses, die lediglich den Niveauunterschied eines Stauwehrs überwindet.

Um einen optimalen Wirkungsgrad zu erzielen, muß die Turbine den unterschiedlichen Fallhöhen und Wasserdurchflußmengen angepaßt sein. Zum Beispiel benötigt ein Speicherwasser-Kraftwerk in den Alpen eine andere Turbine als ein Laufwasser-Kraftwerk am Neckar. Die größte Verbreitung hat die Francis-Turbine, deren Einsatzbereich sich nach oben mit dem der Pelton-Turbine und nach unten mit dem der Kaplan-Turbinen überschneidet. Welche Turbine im konkreten Fall gewählt wird, hängt nicht nur von der nutzbaren Fallhöhe des Wassers ab, sondern auch vom Wasserdurchfluß und anderen Faktoren.

Die Vorläufer unserer heutigen Turbinen waren Wasserräder, wie sie bereits um das Jahr 3 500 v. Chr. in Mesopotamien zum Schöpfen von Wasser verwendet wurden. Auch Inder, Ägypter und Chinesen kannten diese Technik. Im Römischen Reich fanden Wasserräder vielfältige Verwendung für Getreidemühlen, Sägewerke, Schöpfvorrichtungen und andere Zwecke. Die Durchmesser der Räder erreichten bis zu 30 Metern.

Die älteste Form des Wasserrads ist das "Stoßrad", das mit seinen Schaufeln horizontal in den Fluß eintaucht. Hier wird ausschließlich die Bewegungsenergie das Wassers genutzt. Daraus abgeleitet ist das "unterschlächtige" Wasserrad, bei dem zwischen Ein- und Austritt des Wassers eine leichte Höhendifferenz besteht und so neben der Bewegungsenergie auch die Schwerkraft bzw. der Druck des Wassers von der Bergseite her genutzt wird. Anders beim "oberschlächtigen" Wasserrad, das im Mittelalter entwickelt wurde: Hier fließt das Wasser von oben auf die muldenförmigen Schaufeln, so daß das Rad hauptsächlich durch das Gewicht des Wassers angetrieben wird. Als Mischform mit vorwiegender Nutzung der Lageenergie wäre noch das "mittelschlächtige" Wasserrad zu erwähnen.

Aktion und Reaktion

Wird allein die Bewegungsenergie des Wassers genutzt, wie beim Stoßrad, so spricht man auch vom "Aktionsprinzip". Das Gegenstück dazu, nämlich die alleinige Nutzung der Lageenergie, ist das "Reaktionsprinzip". Jedermann kennt das Reaktionsprinzip von Rasensprengern her,die sich allein durch den Druck des Wassers in kreisende Bewegung setzen. Dasselbe Prinzip verwandte bereits in der Antike Heron von Alexandria für eine Dampf-Reaktionsturbine. Neu entdeckt und für das erste Reaktionswasserrad genutzt wurde es 1750 von dem deutschen Arzt und Physiker Johann Andreas von Segner (Segnersches Wasserrad).

Bei der Francis-Turbine wird das Wasser durch ein feststehendes "Leitrad" mit verstellbaren Schaufeln auf die gegenläufig gekrümmten Schaufeln des Laufrads gelenkt. Da das Wasser vor dem Eintritt in die Turbine unter höherem Druck steht als nach dem Austritt spricht man auch von einer Überdruckturbine.


Bei der Pelton- oder Freistrahlturbine wird ausschließlich die Bewegungsenergie des Wassers genutzt, das aus einer oder mehreren Düsen auf die becherförmigen Schaufeln des Laufrads trifft. Da das Antriebswasser nach dem Austritt aus der Düse auf Umgebungsdruck entspannt wird, spricht man auch von einer Gleichdruck-Turbine. Die Pelton-Turbine wird in Wasserkraftwerken mit sehr hohen Fallhöhen (bis 1 800 m) bei vergleichsweise geringen Wassermengen eingesetzt. Sie ist typisch für Speicherwasser-Kraftwerke im Hochgebirge.


Für geringe Wasserdrücke bei großen Durchflüssen wurde aus der Francis-Turbine die Kaplan-Turbine entwickelt. Bei ihr lassen sich sowohl die Schaufeln des Laufrads wie auch die des Leitwerks verstellen. Das Laufrad gleicht einem Schiffspropeller. Weiterentwicklungen sind die Rohr-Turbine für besonders geringe Fallhöhen und die Straflo-Turbine, bei der Generator und Turbine eine Einheit bilden.